Aktualisiert: 10. Sept. 2022

NEWSLETTER 2022 - 09
TOTALREVISION DES SCHWEIZER ZOLLGESETZES
In den letzten Jahren hat der grenzüberschreitende Personen- und Warenverkehr stark zugenommen – dies insbesondere auch aufgrund des wachsenden und florierenden Online-Handels. Da dadurch vermehrt illegale Waren in die Schweiz gelangen, wird einerseits die Kontrolle der Bestimmungen zum Schutz der Bürger, der Wirtschaft und des Staates immer wichtiger. Andererseits werden von Konsumenten und Reisenden sowie von der Wirtschaft und der Politik aber auch effiziente Grenzprozesse und effektive Grenzkontrollen erwartet.
Was bisher geschah
Am 12. September 2017 sprach das Parlament einen Gesamtkredit von CHF 393 Mio. zur Finanzierung der Modernisierung und Digitalisierung der Eidgenössischen Zollverwaltung (EZV) und initialisierte damit das Digitalisierungs- und Transformationsprogramm DaziT.
Am 10. April 2019 beschloss der Bundesrat zudem, die EZV grundlegend zu verändern und in das neue Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) umzuwandeln und neu zu organisieren. Die Umbenennung erfolgte per 1. Januar 2022. Mit der organisatorischen Weiterentwicklung des BAZG findet gleichzeitig ein Strukturwandel statt, um die neuen Möglichkeiten mit DaziT bestmöglich nutzen zu können. Insbesondere sollen alle operativ tätigen Mitarbeiter dieselbe Grundausbildung in allen drei Kompetenzbereichen des BAZG – Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln – durchlaufen mit anschliessender Spezialisierung in mindestes einem dieser Bereiche.
Nun hat der Bundesrat an seiner Sitzung vom 24. August 2022 die Botschaft zur Totalrevision des Zollgesetzes und zur Schaffung eines neuen Rahmengesetzes verabschiedet.

Neues Rahmengesetz BAZG-VG
Das neue Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil der Abgabenerhebung und die Kontrolle des grenzüberschreitenden Waren- und Personenverkehrs durch das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG-Vollzugsaufgabengesetz, BAZG-VG) soll sämtliche Prozesse zur Abgabenerhebung und zur Kontrolle des grenzüberschreitenden Waren- und Personenverkehrs durch das BAZG vereinfachen und vereinheitlichen. Vorgesehen ist ein durchgängig digitales Verfahren, welches die automatisierte Prüfung der nichtabgaberechtlichen Erlasse fördern soll.
Die wichtigsten inhaltlichen Neuerungen im BAZG-VG sind insbesondere:
Es gilt – sowohl für die ordentliche Veranlagung als auch für die verwaltungsinternen Rechtsmittel – ein einheitliches Verfahrensrecht für alle Abgaben, die vom BAZG zu erheben sind.
Das einheitliche elektronische Verfahren kennt neu folgende drei Rollen, welche in das Veranlagungsverfahren involviert sind und entsprechend ihrer Funktion unterschiedliche Pflichten erfüllen müssen:
* die Warenverantwortliche
* die Datenverantwortliche
* die Transportverantwortliche
Beispiel: Die A. AG verkauft ein Möbelstück nach Italien. Sie beauftragt die B. AG mit der Warenanmeldung und C mit dem Transport.
* Warenverantwortliche: A. AG
* Datenverantwortliche: B. AG
* Transportverantwortliche: C
Die Stellung der Abgabeschuldner sowie die Solidarhaftung wird an diese drei Rollen angeknüpft: Die Warenverantwortliche ist Hauptschuldnerin der Abgaben und wird zuerst belangt. Die bisherige Solidarhaftung der anderen Abgabeschuldner wird beschränkt.
Das Verfahren wird elektronisch geführt. Jedoch kann das BAZG Ausnahmen vorsehen (z. B. für den Reiseverkehr).
Der verwaltungsinterne Rechtsweg gegen Veranlagungsverfügungen ist zweistufig: (1) Einspracheverfahren und (2) verwaltungsinternes Beschwerdeverfahren. Gegen die übrigen Verfügungen des BAZG (z. B. Bewilligungen) ist direkt verwaltungsinterne Beschwerde zu führen.
Die Frist zur Erhebung einer Einsprache gegen eine Veranlagungsverfügung beträgt ein Jahr. Mit der Einsprache werden beispielsweise auch die bisherige Berichtigung (Art. 34 ZG) und Fälle der bisherigen provisorischen Veranlagung (Art. 39 ZG bzw. Art. 93 ZV) abgewickelt. Für die verwaltungsinterne Beschwerde gegen die übrigen Verfügungen des BAZG sowie gegen Einspracheentscheide ist eine Frist von 60 Tage vorgesehen.
Waren in kleinen Mengen und von unbedeutendem Wert, die gegen nichtabgaberechtliche Erlasse verstossen bzw. die Rechte des geistigen Eigentums verletzten, können vereinfacht vernichtet werden.
Das BAZG kann zur Aufdeckung von Widerhandlungen in seinem Zuständigkeitsbereich Bestellungen unter fiktivem Namen und eine verdeckte Fahndung in virtuellen Räumen vornehmen.
Der Anwendungsbereich der straflosen Selbstanzeige, die zum Absehen von der Strafverfolgung führt, wird ausgedehnt.
Der Einsatz von Ortungsgeräten setzt das Vorliegen einer Straftat gemäss dem Straftatenkatalog voraus und wird durch das Zwangsmassnahmengericht genehmigt. Zudem werden wichtige Bestimmungen dazu neu auf Gesetzesstufe geregelt.
Das BAZG-VG harmonisiert nur die Vollzugsaufgaben des BAZG, aber ändert nichts an der Zuständigkeit für den Vollzug. Insbesondere werden den Kantonen keine Vollzugsaufgaben übertragen; die bisherige Zuständigkeit bleibt gewahrt.

Reduziertes Zollabgabengesetz
Das aktuelle Zollgesetz soll zu einem reinen Abgabenerlass reduziert werden. Das vorgesehene Bundesgesetz über die Zollpflicht und die Bemessung der Zollabgaben (Zollabgabengesetz, ZoG) soll nur noch die für die Abgabeerhebung relevanten Bestimmungen (Zollpflicht, Zollbemessung, Zollschuld und Zollabgaben) und Strafbestimmungen enthalten. Für die Erhebung der Einfuhr- und Ausfuhrzölle, das Verfahrensrecht, die Warenkontrolle usw. gilt hingegen das neue BAZG-VG.
Das BAZG-VG und das ZoG werden gleichzeitig in Kraft treten. Solange aber für die Erhebung einer Abgabe die notwendigen technischen Grundlagen im neuen Informationssystem des BAZG noch nicht vorhanden sind, kann bzw. wird der Bundesrat anstelle der Bestimmungen des neuen Rechts solche des bisherigen Rechts als weiterhin anwendbar erklären.
Anpassung von Erlassen
In der Folge sollen bzw. müssen zahlreiche abgabe- und nichtabgaberechtliche Erlasse, die mit dem BAZG-VG und dem ZoG verbunden sind, geändert werden (z.B. Heilmittel-, Umweltschutz- oder Biersteuergesetz). Die Abgabepflicht und die Höhe der Abgaben ändern sich nicht.

Was bedeutet das für mein Unternehmen?
Die vereinfachte Abwicklung der Grenzformalitäten und der Besteuerung im Inland wird den administrativen Aufwand für Unternehmen reduzieren und dadurch grundsätzlich zu einer Entlastung der Wirtschaft führen. Jedoch wird die Digitalisierung für die Wirtschaft zu Kosten für die Anpassung der Systeme führen. Positive Auswirkungen der Totalrevision des Zollrechts werden vor allem bei den export- und importorientierten KMU und Grossunternehmen erwartet, aber auch für die Transport- und Logistikunternehmen.
Im Zusammenhang mit der Digitalisierung ist der Datenschutz ein sehr wichtiger Aspekt. In datenschutzrechtlicher Hinsicht wird mit DaziT ein rechtsetzungstechnischer Systemwechsel notwendig sein, um einerseits den vollen Nutzen der Digitalisierung ausschöpfen und andererseits den Bedingungen des Datenschutzes entsprechen zu können. Das neue Gesetz und alle vom Datenschutz betroffenen Entwicklungen im Zusammenhang mit dem BAZG-VG wurden unter Einbezug des Bundesamtes für Justiz und des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten nach dem neuen Datenschutzgesetz vom 25. September 2020 ausgestaltet. Bis zum Inkrafttreten des BAZG-VG dürfte das alte Datenschutzgesetz nicht mehr in Kraft sein.
Wir unterstützen Sie gerne bei Fragen rund um das Mehrwertsteuer- und Zollrecht, insbesondere in Bezug auf das totalrevidierte Zollgesetz.
Mit besten Grüssen von Ihrem MWST-/Zoll-Team

Mónika Molnár Florian Hanslik Anita Machin