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VAT'S IMPORTANT - NEWSLETTER 2022 - 02



 

NEWSLETTER 2022 - 02


UNTERSCHEIDUNG WERT- UND LEISTUNGSGUTSCHEINE BEI DER MWST


 

Bis zum Sommer 2021 war die mehrwertsteuerliche Handhabung von Gutscheinen in der Schweiz klar geregelt: Sämtliche Gutscheine waren erst im Zeitpunkt der Einlösung mehrwertsteurlich zu deklarieren und abzurechnen. Dann kam die geänderte Praxis der Eidgenössichen Steuerverwaltung (ESTV), welche im Entscheid A-2587/2020 des Bundesverwaltungsgerichts (BVGer) vom 10. August 2021 Bestätigung fand. Überprüft wurde der Fall, in welchem die ESTV den Umsatz aus erwiesenermassen verkauften, aber noch nicht eingelösten Leistungsgutscheinen als Vorauszahlungen qualifizierte.


Was ist ein Wertgutschein?

(Wert-)Gutscheine werden gemäss bundesverwaltungsrechtlicher Rechtsprechung sowie der MWST-Branchen-Info 06 «Detailhandel» von der ESTV als reine Zahlungsmittel qualifiziert. Bei deren Verkauf werde keine Leistung erbracht. Es handle sich somit um Nicht-Entgelte, die nicht zu versteuern wären. Erst beim Einlösen des (Wert-)Gutscheins hat der Leistungserbringer das Entgelt zum massgebenden Steuersatz zu versteuern. Dabei ist unerheblich, ob der Leistungserbringer zugleich der Herausgeber der Gutscheine ist oder nicht. Belege (Rechnungen, Quittungen usw.) über den Verkauf von Gutscheinen dürfen deshalb keine Steuer ausweisen, da ansonsten die ausgewiesene Steuer zu entrichten sei.


Was ist eine Vorauszahlung?

Nach der Rechtsprechung liegen Vorauszahlungen dann vor, wenn für eine bestimmte oder zumindest bestimmbare künftige Leistung ein im Voraus bezahltes Entgelt geleistet wird. Eine Vorauszahlung untersteht der Mehrwertsteuer im Zeipunkt der Zahlung und bildet Bestandteil der Bemessungsgrundlage, wenn es sich um ein Entgelt für eine steuerbare Leistung handelt und eine innere wirtschaftliche Verknüpfung zwischen der Vorauszahlung und der mehrwertsteuerlichen Leistung besteht.

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Wann qualifizieren (Leistungs-)Gutscheine als Vorauszahlungen?

Gemäss neuer Praxis der ESTV setzt die Definition der Leistung im Sinne des MWST-Gesetzes nicht voraus, dass der Zeitpunkt des Verbrauchs bekannt oder der Verbrauch bereits erfolgt sein müsse. Wert- und Leistungsgutscheine würden sich gemäss ESTV erheblich unterscheiden, da der Gutscheinaussteller bei einem Leistungsgutschein verpflichtet sei, die auf dem Gutschein genannte Leistung zu erbringen, auch wenn zwischen dem Bezug und der Einlösung des Gutscheins die genannte Leistung eine Wertsteigerung erfahren habe und zum Zeitpunkt der Einlösung des Gutscheins mehr kosten würde als bei dessen Kauf. Zu prüfen ist gestützt auf den BVGer-Entscheid lediglich, ob sich der Gutscheinaussteller mit dem Verkauf von Gutscheinen zur Erbringung einer bestimmten oder zumindest bestimmbaren Leistung im mehrwertsteuerlichen Sinne verpflichtet habe. Ist dies der Fall, dann ist die MWST bereits im Zeitpunkt der Herausgabe des Leistungsgutscheins geschuldet.


Wird in einem Gutschein eine bestimmte Leistung umschrieben, aber im Gutschein und/oder den AGB ausdrücklich darauf hingewiesen, dass anstelle der genannten Leistung auch eine andere Leistung aus dem Sortiment des Leistungserbringers bis zu einem bestimmten Wert bezogen werden könne, dann handle es sich nach der unveröffentlichten Praxis der ESTV nicht um eine Vorauszahlung, sondern um einen Wertgutschein, der nicht beim Verkauf, sondern erst bei der Einlösung zu versteuern sei.


Was muss ein Gutscheinherausgeber ab sofort beachten?

Plant ein Unternehmen, Gutscheine auszugeben bzw. zu verkaufen, dann ist nun Vorsicht geboten, wenn der Gutschein über eine bestimmte Leistung lautet. Es ist im Wesentlichen zu prüfen, ob sich der Leistungserbringer mit dem Verkauf von Leistungsgutscheinen zur Erbringung einer bestimmten oder zumindest bestimmbaren Leistung im mehrwertsteuerlichen Sinne verpflichten wird. Diese Frage ist aus Sicht des Leistungserbringers zu beantworten. Wird im Gutschein und den AGB nicht ausdrücklich darauf hingewiesen, dass auch andere als die genannte Leistung aus dem Sortiment bezogen werden können, erachtet die ESTV solche Gutscheine als Vorauszahlungen, die bereits beim Verkauf zu versteuern sind. Problematisch an dieser Praxis der ESTV ist, dass sie in ihren Praxispublikationen diese Einteilung an keiner Stelle näher erläutert. In den Infos und Branchen-Infos der ESTV ist immer nur von Gutscheinen die Rede, deren Wert erst bei der Einlösung zu versteuern ist. Interessant an der neuen Praxis der ESTV bzw. dem Entscheid des BVGer ist, dass diese in Richtung der mehrwertsteuerlichen Qualifikation geht, wie sie in der EU bereits existiert (Unterscheidung zwischen Einzweck- und Mehrzweckgutscheinen). Im Zweifelsfall kann in der Schweiz mit einem vorgängigen Ruling Rechtssicherheit über die MWST-Folgen geschaffen werden.


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Natürlich unterstützen wir Sie gerne bei weiteren Fragen zur Gutschein-Thematik oder bei der mehrwertsteuerlichen Ruling-Eingabe, um Rechtssicherheit über den Besteuerungs-zeitpunkt zu erhalten.


Mit besten Grüssen von Ihrem MWST-/Zoll-Team




Mónika Molnár Florian Hanslik Anita Machin Jane Jachnow


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